Ich fand sofort großartig, dass sie diese spontane Idee hat, wie sie ihrer Stadt helfen kann, und dann an ihr festhält, trotz aller Widerstände, weil sie sich auf ihr Gefühl verlässt. Dadurch gerät sie dann in all die oft sehr komischen Situationen und erreicht schließlich ihr Ziel.
Kristina will raus aus der Kleinstadt, rein in die große Politik – und gleichzeitig wird ihr von allen Seiten Steine in den Weg gelegt. Inwiefern war das auch eine Paraderolle, um Macht, Ehrgeiz und Zweifel in einer Figur zu vereinen?
Ich würde nicht von Macht, sondern eher von Gestaltungswillen sprechen. Kristina unterscheidet nicht zwischen großer und kleiner Politik. Mit großem Verve schmeißt sie sich in alles, was sie sich in den Kopf setzt, mischt sich unter die Leute oder weiht eine Bushaltestelle ein, als würde Sie vor großem Publikum am Brandenburger Tor sprechen. Dieser Kontrast macht die Figur auf sehr positive Art und Weise komisch und berührend.
Der Film «Ein ganz großes Ding» bewegt sich geschickt zwischen Komödie und Gesellschaftssatire. Wie haben Sie als Schauspielerin den Ton getroffen – zwischen Ernst der Lage und komischer Überzeichnung?
Mit seinem Drehbuch hat Ralf Husmann natürlich diese Gratwanderung in den Szenen angelegt, aber auch Franziska hat mit ihrem Fingerspitzengefühl die für sie stimmige Tonalität herausgearbeitet. Für mich war es dann eine spannende Herausforderung das umzusetzen, einerseits in grotesken Situationen ganz realistisch zu spielen, andererseits genau im richtigen Maß zu überzeichnen.
Viele Szenen leben von absurden Situationen, bei denen die Digitalisierung in der Provinz auf sehr reale Probleme trifft. Gab es Momente am Set, bei denen Sie dachten: „Das ist gar nicht so weit weg von der Realität“?
Am Set hat alles besten geklappt, aber ich denke, dass wir in Deutschland alle diese Momente kennen, zum Beispiel, wenn wir mit einem Hightech-Smartphone in der Tasche, mit dem man Kinofilme drehen könnte, ein Dokument nicht scannen, sondern nur per Fax schicken dürfen.
Wie war die Zusammenarbeit mit Regisseurin Francis Meletzky, die ja ein besonderes Gespür für feinfühlige Komik und Figurenentwicklung hat?
Seit ihrem Kinofilm «Frei nach Plan» wollte ich immer mit Francis arbeiten und durfte dies bereits 2016. Sie ist eine ganz wunderbare Regisseurin, die für sich und andere einsteht. Sie nimmt Ideen und auch Kritik ernst, ist ein Teamspieler und gibt einem den sicheren Boden, auf dem man tanzen kann. Dazu erkennt sie oft besser als man selbst, welche Facetten einer Figur man gezeigt hat.
Ihre Figur hat ein großes Ziel – den Bundestag. Wie schwer fiel es Ihnen, sich in dieses politische Denken hineinzufühlen? Und haben Sie sich bewusst politisch eingelesen oder vorbereitet?
Kristina will erst einmal in ihrer Stadt etwas bewegen, um sich dann vielleicht auch um mehr zu kümmern. Sie ist ja alles andere als eine berechnende Karrieristin. Solche Menschen, denen es um eine Sache an sich und nicht um ein Mittel zum Zweck geht, faszinieren mich in allen Bereichen und ich kann gut nachempfinden, dass jemand mit dieser Motivation in die Politik geht.
«Ein ganz großes Ding» versammelt ein spielfreudiges Ensemble – Hinnerk Schönemann, Sebastian Schwarz, Christian Erdmann und viele mehr. Was hat das für Ihre Arbeit bedeutet?
Es war ein Riesenspaß mit dieser Gruppe, in der jeder auf seine eigene Art und Weise unglaublich unterhaltsam, eloquent und geistreich ist. Da ist es manchmal gar nicht so leicht, wieder in die Konzentration zu kommen, die am Set immer nötig ist.
Wenn Sie den Film auf eine Botschaft herunterbrechen müssten – was ist für Sie das zentrale Thema von Ein ganz großes Ding?
Ich finde, den Film zeichnet aus, dass er nicht das eine Thema hat, sondern verschiedene Themen wie Digitalisierung, Migration, Lokalpolitik und Familie ineinander verflechtet. Alle Themen vereint vielleicht der Aspekt, dass eine Gemeinschaft bei allen Differenzen zusammenhalten muss.
In Interviews haben Sie betont, dass persönliche politische Erfahrungen bei der Rollenfindung keine große Rolle gespielt haben. Gab es dennoch Momente, in denen Sie an reale Bürgermeisterinnen oder Politikerinnen denken mussten?
Während der Dreharbeiten habe ich eine Freundin besucht, in deren Nachbarschaft der Berliner Regierenden Bürgermeister wohnt, dessen Haus von der Polizei bewacht wird. Da dachte ich daran, dass gerade in letzter Zeit ja immer mehr Politiker auch auf lokaler Ebene unmittelbar bedroht werden, was umso furchtbarer ist, wenn man bedenkt, dass sie in der Regel so wie meine Figur, ja nur das Beste für ihre Stadt wollen. Die Probleme, in die Kristina gerät, sind damit natürlich nicht vergleichbar, aber es ist ja auch eine Komödie.
Abschließend ganz persönlich: Wann haben Sie zuletzt selbst gedacht: „Das wird ein ganz großes Ding“ – und hatten damit recht?
Ehrlich gesagt, versuche ich, das bei möglichst vielen Dingen zu denken. Hauptsache, man ist erst einmal begeistert und glaubt an eine Sache, denn ohne das gelingt überhaupt nichts.
Danke für Ihre Zeit!
«Ein ganz großes Ding» ist ab 19. Juni in der ZDFmediathek abrufbar. Die Free-TV-Premiere ist am 31. Juli.
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